Bielefelder Klinik kooperiert mit Ungarn
Das evangelische Krankenhaus in Bielefeld geht bei der Ausbildung
junger Mediziner neue Wege - und kooperiert mit der Uni Pécs in Ungarn.
Mit speziellen Fächern und einem Stipendium sollen die künftigen Ärzte
so an die Klinik gebunden werden.
KÖLN. Das evangelische Krankenhaus Bielefeld (EvKB) kooperiert
mit der Universität Pécs in Ungarn bei der Medizinerausbildung. Alle
Teilnehmer des deutschsprachigen Medizinstudiums der Uni können ab
sofort die letzten beiden Jahre ihres Studiums in Bielefeld absolvieren.
Vorrangiges Ziel des Programms ist für die Klinik die
Nachwuchsförderung. "Wir wollen frühzeitig junge Kollegen an unser Haus
und an die Region Ostwestfalen binden", erklärt Geschäftsführer Dr.
Thomas Krössin. An der Universität Pécs sind viele deutsche
Medizinstudenten eingeschrieben.
Medizinstudenten der Universität Pécs haben künftig die Wahl, ob sie
die letzten beiden klinischen Semester sowie das praktische Jahr in
Ungarn oder in Deutschland absolvieren.
Ihren Abschluss machen sie in jedem Fall in Ungarn - er wird in
Deutschland aber anerkannt. Die ersten neun Studenten des
"Kombinationsstudiengangs Humanmedizin" lernen seit November in
Bielefeld. Künftig könnten bis zu 30 Studenten pro Jahrgang beim EvKB
studieren.
Mit der 2011 geschlossenen Kooperation versucht das EvKB, junge
Mediziner zu gewinnen, die zum Haus passen. Die eigenen Schwerpunkte
könnten sich im Studiendesign aber noch stärker niederschlagen, sagt
Krössin.
Er will bei einem Besuch in Pécs vorschlagen, dass medizinische Ethik und Pflegewissenschaften auf den Lehrplan kommen.
Erwartungen übertroffen
Ein finanzieller Anreiz soll dafür sorgen, dass sich möglichst viele
Studenten für Bielefeld entscheiden. Pro Semester sind beim EvKB nur
tausend Euro statt der in Pécs üblichen Studiengebühr von 6600 Euro
fällig.
Die Studenten erhalten außerdem ein Stipendium von mehreren Hundert
Euro pro Monat, das sie nicht zurückbezahlen müssen, wenn sie nach dem
Studium eine Stelle im Krankenhaus in Bielefeld antreten.
Tatsächlich haben nach Angaben Krössins bereits einige der momentan
in Bielefeld lernenden Studenten Interesse an einer späteren Einstellung
signalisiert.
Die größte Herausforderung auf dem Weg des EvKB zum
Campus-Krankenhaus war es, Ärzte und Mitarbeiter für die neuen Aufgaben
zu gewinnen, berichtet Krössin. "Es ging schließlich darum, zusätzlich
zur klinischen Arbeit Lehrverantwortung im wissenschaftlich-akademischen
Kontext zu übernehmen", sagt er.
Das Ergebnis übertreffe alle Erwartungen. "Ich bin begeistert, mit
welch großem Ernst und Engagement die Kollegen die Lehrtätigkeit
betreiben", sagt er. Bielefeld hat zwar eine Universität, aber keine
medizinische Fakultät.
Die Mediziner profitieren auch persönlich von ihrer neuen Aufgabe,
glaubt Krössin. Die Vermittlung von Wissen führe dazu, dass sie
Arbeitsvorgänge, die durch ständige Wiederholung Routine geworden sind,
bewusst überdenken.
"Der Arzt muss in der Lehre seinen Entscheidungsweg in kleine
Einheiten zerlegen und sie erklären", erklärt er. "Diese Auflösung in
eine Kausalkette aktiviert Wissen, weil man plötzlich gewohnte und
langjährig durchgeführte Behandlungswege Stück für Stück reflektieren
muss."
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Quelle: Ärztezeitung 02.01.2013